Kolping-Jugendwohnen braucht starke Partner in der Wirtschaft
Rund 40 Kolping-Jugendwohnheime bieten bundesweit ein bezahlbares Dach über dem Kopf und eigenverantwortliches Wohnen in Gemeinschaft
Das Kolping-Jugendwohnen ist bunt – fast 40 Einrichtungen in Trägerschaft von Kolping bieten Auszubildenden, aber auch an- deren jungen Menschen, ein Zuhause zum Wohlfühlen. Die Be- wohnerinnen und Bewohner haben sich aus den unterschied- lichsten Gründen für das Jugendwohnen entschieden. Oft liegt der Ausbildungsplatz weit weg von zu Hause, manchmal wollen die jungen Menschen zwischen 14 und 27 auch einfach „raus von zu Hause“. Hier können sie schnell neue Leute kennenlernen und an vielfältigen Freizeitaktivitäten teilnehmen. Nicht selten sind es die Ausbildungsbetriebe, die ihre „neuen Azubis“ auf das Wohnangebot aufmerksam machen, einige Unternehmen haben mit den Einrichtungen feste Platzkontingente vereinbart.
Das Herzstück des Kolping-Jugendwohnens ist die sozialpädagogische Begleitung, in deren Rahmen junge Menschen am Über- gang von Schule in Ausbildung und Beruf, aber auch bei der Verselbstständigung, individuell unterstützt werden. Ausgebildete Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen haben bei Bedarf je- derzeit ein offenes Ohr für die Anliegen der Bewohnerinnen und Bewohner – egal, ob es um Probleme in der Ausbildung oder ganz alltägliche Fragen wie Haushaltsführung oder Liebeskummer geht. Finanzierungsmöglichkeiten eines Wohnheimplatzes sind die Berufsausbildungsbeihilfe – auch bekannt als BAföG für Auszubildende. Im Blockschulbereich zahlen einige Bundesländer Pauschalen für Unterkunft und Verpflegung und in manchen Fällen springt auch das Jugendamt ein.
Grundsätzlich steht jeder Wohnheimplatz im Kontext der schu- lischen oder beruflichen Ausbildung und bietet zukünftigen Fachkräften bezahlbaren Wohnraum. Jugendwohnen fördert zudem die Mobilität am Ausbildungsmarkt, bringt Auszubildende und Ausbildungsbetriebe zusammen und macht somit für junge Menschen den Abschluss eines Ausbildungsvertrages attraktiver. Etwa die Hälfte aller Auszubildenden im Jugendwohnen hätte die Ausbildungsstelle ohne den Platz im Jugendwohnen nicht angenommen. Knapp ein Viertel der jungen Menschen gibt an, dass sie ohne die Unterstützung die Ausbildung abgebrochen hätten.
Individuelle Begleitung für Auszubildende
Die stabilisierende Wirkung des Jugendwohnens wird auch direkt am Arbeitsplatz sichtbar. Maria Kraft ist Geschäftsführerin des Kolping-Hotels Schweinfurt und betreibt zugleich im Rah- men des Kolping-Bildungszentrums Schweinfurt ein Jugendwohnheim. Die Unternehmerin ist überzeugt vom Konzept des sozialpädagogisch begleiteten Wohnens. „Manchmal kommt es vor, dass unsere Auszubildenden kurz davor sind, die Ausbildung hinzuschmeißen. Wenn der oder die Auszubildende dann im Jugendwohnen ein Zimmer bewohnt, können die so- zialpädagogischen Fachkräfte dort das Gespräch mit dem Ju- gendlichen suchen. Es stellt sich dann meist heraus, dass viele verschiedene Faktoren zu der aktuellen Unzufriedenheit führen. Fast nie liegt es an der Ausbildung allein. Sehr oft können Lösungen gefunden werden, sodass doch noch durchgehalten und der Ausbildungsabschluss geschafft wird. Das ist gut für mich als Unternehmerin, aber in erster Linie wichtig für die jungen Menschen – zu erkennen, dass ein Ziel tatsächlich erreicht werden kann.“
Ein Jahr Coronapandemie ist an den Einrichtungen des Jugendwohnens allerdings nicht spurlos vorbeigegangen. Einige Häuser haben erhebliche, teils existenzbedrohende Einnahmeausfälle zu verzeichnen, da viele Betten während der Schulschließungen verwaist blieben. Aktuell verzeichnen die Häuser zudem deutlich weniger Anfragen von Auszubildenden, die fernab des Heimatortes eine Ausbildung beginnen möchten.
Trotz deutlichen Hilferufes der Einrichtungen und ihrer Träger sind Soforthilfeprogramme nicht in jedem Bundesland aus- reichend zugänglich. Die wenigen, für Sanierung und Modernisierung gedachten Rücklagen, die den gemeinnützigen Ein- richtungen erlaubt sind, hat die Pandemie längst aufgezehrt. Es zeichnet sich schon heute ab, dass dringend notwendige Investitionen in die bauliche und digitale Infrastruktur der Häuser nicht ohne Zuschüsse öffentlicher oder privater Geldgeber geleistet werden können.
Die Akteure kämpfen daher bundesweit für die Sicherung und Weiterentwicklung des sozialpädagogisch begleiteten Jugend- wohnens. Notwendig ist ein gemeinschaftliches Vorgehen von Akteuren der verschiedenen föderalen Ebenen aus den Bereichen Jugendhilfe und Ausbildungsförderung – Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Bildung und Wirtschaft sind hier gefragt. Die Zukunftssicherung des Jugendwohnens kommt nicht nur den Einrichtungen und jungen Menschen zugute, sondern stärkt den Ausbildungsmarkt und die Fachkräftesicherung von morgen.
Alissa Schreiber, Verband der Kolpinghäuser e. V.
Die gesamte Ausgabe des BKU Journals 1/2021 finden Sie hier.