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Unternehmerische Mittagstafel mit Jonathan Ben Salomo Kalmanovich

„Wie aktuell ist Antisemitismus in Deutschland?“

Unser Gast war der deutsch-israelische Musiker, Autor und Aktivist Jonathan Kalmanovich mit dem Künstlernamen Ben Salomo (www.bensalomo.de).

In Israel geboren, kam er im Alter von 4 Jahren mit seinen Eltern nach Berlin. Nach der Schule wurde er in der Hip-Hop-Szene aktiv und war der erste erfolgreiche Deutsch-Rapper, der sich zu seinem jüdischen Glauben und seiner israelischen Herkunft bekannte. Sein YouTube-Kanal RapAmMittwochTV hatte über 420.000 Abonnenten und bis zu drei Millionen Views im Monat.

Für viele der etwa 30 Teilnehmer des Mittagstisches – unter ihnen auch viele Gäste – war der Einblick in die Hip-Hop-Welt und dem Rap ein Einblick in die Musik-Welt ihrer Kinder und Enkel.

Die Hip-Hop-Szene in den 90er Jahren beschrieb Ben Salomo mit informativen Anekdoten als sehr kreativ, dynamisch und weltoffen.

Unmittelbar nach dem 11. September 2001 beobachtete Ben Salomo aber zunehmende antisemitische Tendenzen in der deutschen Rap-Szene. Er wurde zwar schon in seiner Kindheit und Jugend in Berlin mit Antisemitismus konfrontiert – auch in seinem Bekannten- und Freundeskreis – doch ab 2001 häuften sich diese Vorfälle. Mit einigen Jahren Unterbrechung blieb er dennoch weiter in der Rap-Szene aktiv und gründete im Jahr 2010 die paar Jahre später sehr erfolgreiche Show „Rap am Mittwoch“. Doch als mit den Jahren nicht nur der allgemeine Antisemitismus anstieg, sondern dieser sich die Anfeindungen auch immer mehr direkt gegen ihn richteten, beschloss Salomo 2018 aus Protest seinen Rückzug aus der Hip-Hop-Szene. Als Grund nannte er den aufkeimenden „Antisemitismus innerhalb der Rap-Szene – oftmals mit dem Deckmantel des Antizionismus, des Hasses auf Israel“. Die Hip-Hop-Medien und auch der Rap-Kulturbetrieb würden dies nicht kritisch hinterfragen. Außerdem würden in den Texten vieler Rapper antisemitische Verschwörungsmythen reproduziert sowie Islamismus, Terrorismus, Frauenverachtung, Homophobie und Kriminalität glorifiziert.

Deshalb und auch wegen erlebter Attacken gegen ihn persönlich sei er aus der Rap-Szene ausgestiegen.

Er schrieb ein autobiographisches Buch „Ben Salomo bedeutet Sohn des Friedens“. Seit 2019 hält er in ganz Deutschland Vorträge an Schulen, um die junge Generation auf das Rassismus- und Antisemitismusproblem in der deutschen Rap-Szene aufmerksam zu machen.

Der Antisemitismus den er erlebte und der sich besonders aggressiv zeigte, kam nach Aussage von Ben Salomo größtenteils von Menschen mit arabischem oder muslimischem Migrationshintergrund, aber auch in der deutschen und europäischen Gesellschaft allgemein wäre eine deutliche Zunahme zu spüren.

Den am 7.10.2023 erfolgten Überfall der Hamas auf die jüdische Bevölkerung in Israel erlebte Ben Salomo als die weitere Steigerung eines antisemitistischen „Tsunamis“.

Während seiner Vorträge in Schulen habe er vor dem 07.10.2023 etwa in 20 % der Fälle antisemitistische Störungen erlebt; nach dem 07.10.2023 mittlerweile in etwa 40 % seiner Vorträge und Workshops.

Nach dem Impuls-Vortrag von Ben Salomo gab es eine engagierte Diskussion über die Ursachen des Antisemitismus und die Möglichkeiten, dagegen etwas zu tun.

Israel und der Nahe Osten sind „Brenngläser“ für sehr komplexe historische, religiöse, geografische und ethnische Konflikte, die weder einfach zu verstehen, noch einfach zu lösen sind.

Beängstigend sei besonders die „antisemitische Früherziehung“ in den palästinensischen UNRWA-Schulen und vielen islamischen Gesellschaften, die zum Teil sogar auch mittels von Deutschland finanzierter Schulbücher erfolge.

Mit viel Aufklärung und Klarstellungen und einer gediegenen historischen Bildung könne man versuchen, gegen den grassierenden Antisemitismus „gegenzuhalten“. Kurzfristige Lösungen gebe es allerdings leider nicht.

Für Deutschland und Europa wünschte sich Ben Salomo neben klaren Stellungnahmen von Politikern auch große Demonstrationen der Zivilgesellschaft gegen jede Form von Antisemitismus, vergleichbar den Großdemonstrationen gegen Rechtsradikalismus oder zu Black-Lives-Matter.

Eine sehr bedenkenswerte These gab Ben Salomo der Gruppe mit auf den Weg: „Grassierender Antisemitismus ist in der Geschichte auch ein Vorbote für das Ende von Demokratien“.

Dieser sehr spannende und engagierte Mittagstisch fesselte alle Teilnehmer und dauerte am Ende fast eine Stunde länger als gewöhnlich.

Antisemitismus ist eben keine „leichte Kost“.

 

Text: Dr. Jörg W. Höwer | Bilder: Norman Gebauer