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„Die versöhnende Kraft der Arbeit“: BKU-Abendgespräch mit Nils Goldschmidt und Ursula Nothelle-Wildfeuer

Am 10. September 2025 diskutierten Prof. Dr. Nils Goldschmidt, Direktor des Weltethos-Instituts, und Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer, Professorin für Christliche Gesellschaftslehre an der Universität Freiburg, im Rahmen eines BKU-Abendgesprächs über den Wert der Arbeit. Moderiert wurde die Veranstaltung vom BKU-Bundesvorsitzenden Dr. Martin Nebeling. Grundlage der Diskussion war das Impulspapier „Die versöhnende Kraft der Arbeit“, das von der Arbeitsgruppe für sozialpolitische Fragen im Auftrag der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischöfe erarbeitet wurde.

Goldschmidt betonte, dass die Kirche gerade bei sozial- und wirtschaftsethischen Fragen Gehör finde. Es brauche, so seine Überzeugung, „positive, optimistische Narrative, um Menschen zu bewegen“. Das Papier, das unter anderem Vorworte von Andrea Nahles und Bischof Wilmer enthält, setze daher bewusst zwei Hauptimpulse: Arbeit wirke integrativ – und Arbeit schaffe Zuversicht.

Unternehmer tragen besondere Verantwortung für integrative Kraft der Arbeit

Die integrative Dimension der Arbeit beschrieb Goldschmidt auf mehreren Ebenen: Wer arbeite, fühle sich in die Gesellschaft eingebunden; nichts mache Menschen nach Erkenntnissen der Glücksforschung dauerhafter unglücklicher als Arbeitslosigkeit. Polarisierungen und Spaltungstendenzen hingen zum Teil auch mit fehlender Teilhabe zusammen. „Sozialer Zusammenhalt ist keine Sozialromantik, sondern ein ökonomischer Faktor!“, betonte er. Unternehmer trügen hier eine besondere Verantwortung, Arbeitsplätze zu schaffen, die diese Kraft entfalten könnten. Arbeitsstätten seien nicht nur Orte der Produktion, sondern auch soziale Orte – „Arbeit erfüllt, verbindet und hält zusammen“.

Nothelle-Wildfeuer hob die interdisziplinäre Ausrichtung des Papiers hervor. Bei der Sozialethik gehe es nicht nur um „fromme Dinge“, sondern auch um das Gespräch mit den Wissenschaften. Sie verwies zudem auf Papst Franziskus, der in Evangelii gaudium den Blick auf das Problem der Exklusion gelenkt habe: Menschen, die keine Arbeit fänden, stünden schnell außerhalb der Gesellschaft – das raube ihnen ihre Würde. Arbeit sei deshalb mehr als Broterwerb, sie werde „zu einer Form gelebter Menschenwürde“.

Auch die Veränderungen durch Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und flexible Arbeitsformen standen im Zentrum der Diskussion. Goldschmidt zeigte sich überzeugt, dass Arbeit trotz aller Umbrüche „für den Menschen ganz wesentlich bleiben“ werde. Höhere Zeitsouveränitäten und neue Formen der Vereinbarkeit eröffneten sogar Chancen, Arbeit integrativer zu gestalten. Nothelle-Wildfeuer verwies zugleich auf die Sorgen vieler Menschen. Sie plädierte dafür, Ängste ernst zu nehmen, ohne in Kulturpessimismus zu verfallen: „Der Mensch muss das Heft in der Hand behalten.“

„Menschen so befähigen, dass ihnen ein Entfalten auf dem Arbeitsmarkt gelingt“

Deutlich wurde im Gespräch auch, dass Arbeit nicht als Gegensatz zum Leben betrachtet werden dürfe. Goldschmidt sprach sich dafür aus, Work-Life-Balance nicht als Gegensatz, sondern als Synthese zu verstehen: Arbeit sei Teil des Lebens und präge den Menschen. Nothelle-Wildfeuer ergänzte, dass auch Freizeit nicht allein der Selbstoptimierung für den Arbeitsprozess dienen dürfe. Sie müsse Raum für Freiheit, für Fehler und für das Allzumenschliche lassen – gerade das stärke den Wert menschlicher Arbeit.

Schließlich rückte die Frage nach Befähigung in den Mittelpunkt. Goldschmidt betonte: „Uns wird es nur gelingen, die integrative Kraft der Arbeit zu realisieren, wenn wir Menschen so befähigen, dass ihnen ein Entfalten auf dem Arbeitsmarkt gelingt.“ Bildung, Schulsozialarbeit und Teilhabegerechtigkeit seien zentrale Schlüssel, damit Menschen ihre Potenziale entwickeln könnten. Nothelle-Wildfeuer verwies in diesem Zusammenhang auf die Katholische Soziallehre, die soziale Gerechtigkeit heute vor allem als Teilhabegerechtigkeit verstehe.

Das Fazit des Abends: Arbeit ermögliche Teilhabe, stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt und könne Zukunft eröffnen – wenn sie menschenwürdig gestaltet werde. Dazu brauche es den Mut, Veränderungen nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Chance zu sehen. „Man kann die Ökonomie nicht den Ökonomen überlassen“, zitierte Nothelle-Wildfeuer zum Abschluss Kardinal Lehmann.

Bild: David Trinks/unsplash