BKU-Abendgespräch mit Tom Bioly: „Was jeder christliche Unternehmer über den Koran wissen sollte“
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Beim ersten BKU-Abendgespräch des Jahres 2025 widmete sich Islamwissenschaftler Tom Bioly dem Thema „Was jeder christliche Unternehmer über den Koran wissen sollte“. Der Koran sei das Herzstück des Islam, erklärte Bioly, und für Christen in mehrfacher Hinsicht relevant – sowohl als religiöse Herausforderung als auch als Anknüpfungspunkt für den Austausch mit muslimischen Mitarbeitern, Kollegen und Geschäftspartnern.
Bioly führte die Teilnehmer durch die zentrale Frage, was der Koran für Muslime bedeutet. Aus islamischer Sicht sei der Koran die Sammlung der Offenbarungen an Mohammed (570–632), die zunächst mündlich memoriert, dann sporadisch verschriftlicht und schließlich unter Kalif Uthman (reg. 644–656) kanonisiert wurden. Die heute dominierende Standardversion gehe auf die Azhar-Ausgabe von 1924 zurück.
Struktur, Sprache und Grundaussagen des Korans
Mit seinen 114 Suren, die grob absteigend nach Länge geordnet sind, weise der Koran eine scheinbar chaotische Struktur auf – ohne strenge Chronologie oder inhaltliche Abfolge. Die Suren seien meist nach markanten Begriffen benannt.
Bioly erläuterte auch die zentralen theologischen Aussagen des Korans aus der Sicht des Islams: Es gebe nur einen Gott, und der Koran sei eine Offenbarung von ihm, die frühere Schriften wie die Tora und das Evangelium bestätige. Wer daran glaube und ein rechtschaffenes Leben führe, werde spätestens im Jenseits belohnt, während diejenigen, die dies nicht täten, bestraft würden.
Ein besonderes Merkmal sei die Sprache des Korans: Aufgrund deren Einzigartigkeit gelte er als sprachliches „Wunder“. Der gesamte Text werde als direkte Gottesrede verstanden, übermittelt durch Mohammed und konsequent in Endreimen gehalten. Er vereine verschiedene Gattungen wie Gebet, Predigt und Rechtsvorschriften.
„Mit den eigenen Glaubensüberzeugungen nicht hinterm Berg halten“
In der anschließenden Diskussion wurden zahlreiche Fragen gestellt, auch mit Bezug auf den Arbeitsalltag. Auf die Frage, wie ein christlicher Unternehmer reagieren sollte, wenn muslimische Mitarbeiter um Freistellung für das Freitagsgebet bitten, erklärte Bioly:
„Die islamrechtlich korrekte Antwort wäre, dass es sich nicht um eine individuelle Verpflichtung handelt. Das heißt, es muss nicht jeder einzelne Muslim daran teilnehmen. Als Arbeitgeber stehen Ihnen also alle Möglichkeiten offen, ohne die Mitarbeiter in eine religiöse Konfliktsituation zu bringen. Noch wichtiger aber wäre es, den Ball aufzunehmen und das offene Gespräch mit den Mitarbeitern zu suchen: Was bedeutet das Freitagsgebet für sie persönlich? Weshalb ist ihnen die Teilnahme wichtig?“
Bioly betonte zudem die Bedeutung eines offenen interreligiösen Dialogs: „Klarheit ist der Schlüssel zu guter Nachbarschaft. Praktizierende Muslime legen oft eine große Offenheit an den Tag, wenn es um ihre Religion geht. Christliche Unternehmer sollten das als Chance begreifen, das Gespräch suchen und dabei auch mit den eigenen Glaubensüberzeugungen nicht hinterm Berg halten.“