Thesen des Bundes Katholischer Unternehmer
1. Im 21. Jahrhundert wird es wesentlich, den Gegensatz zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt zu überwinden. Unternehmen werden verstärkt ihren Gemeinwohlbeitrag herausarbeiten, der auch zunehmend gesellschaftlich anerkannt wird und der sich nicht zuletzt auf die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen bezieht.
2. Dabei hat sich die Soziale Marktwirtschaft als Mechanismus fairer Problemlösungen bewährt, weil sie die Suche nach der besten Lösung im Wettbewerb mit der Gewährleistung sozialer Mindeststandards kombiniert. Wir verstehen die Soziale Marktwirtschaft als Friedensprojekt, das in der Förderung eines Sozial- und Kulturstaates die Zukunftsfähigkeit über Generationen hinweg sichert.
3. Nachhaltigkeit ist umfassend zu deuten: ökologisch, sozial, finanziell, international und digital. Im besten Fall fördert sie Innovation und wirkt als Investition mit der Folge einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit.
4. Umweltkosten müssen über realistische Preise ausgedrückt werden, so dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen Vorteile im Markt haben (Nachhaltigkeitsmessung und - erfassung, CO2-Preis für Produkte und Dienstleistungen).
5. Nachhaltigkeit darf nicht gegen soziale Belange ausgespielt werden; anzustreben ist ein neues Bündnis für gute Arbeit zwischen den Tarifpartnern unter Einbeziehung ökologischer Aspekte.
6. Zukunftsfähiges Wirtschaften umfasst auch finanzielle Zukunftsfähigkeit auf allen Ebenen, vom Staat bis zum Unternehmen. Speziell im Finanzbereich sind dabei die Kriterien nachhaltiger und sozial verantwortlicher Geldanlage zu beachten (ESG-Kriterien).
7. Die digitale Transformation geht weit über die nötige Infrastruktur und digitale Fachkompetenzen hinaus. Sie umfasst alle Lebensbereiche und muss auch im Arbeitsleben mit dem Maßstab der digitalen Humanität gemessen werden, anhand der Frage: „Fördert oder hemmt eine digitale Anwendung Menschlichkeit“. Dass die Erhebung von Daten zur Wertschöpfung wesentlich beitragen, kristallisiert sich mit Corona und der rasanten digitalen Transformation immer stärker heraus. Gerade mit Blick auf Anwendungen von Künstlicher Intelligenz ist es entscheidend, die digitale Selbstbestimmung oder - im Sinn der christlichen Soziallehre - die digitale Personalität in den Mittelpunkt zu rücken.
8. Weil der Dialog zwischen Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Kräften immer wichtiger wird, braucht zukunftsfähiges Wirtschaften auch eine Verständigung über Werte und Ziele im Wirtschaftsleben, innerhalb von Unternehmen und Organisationen, aber auch in einzelnen Branchen und branchenübergreifend für das Gesamtsystem der Sozialen
Marktwirtschaft. Dies erfordert eine Investition in ethische Sprach- und Reflexionsfähigkeit mit dem Ziel werteorientierter Unternehmensführung und ethischer Unternehmenskommunikation.
9. Zur Zukunftsfähigkeit gehört auch die Beachtung der Grenzen der Belastbarkeit in einer Art und Weise, die Individualwohl und Gemeinwohl, aber auch Fragen der Geschlechtergerechtigkeit verbindet, also sowohl das Unternehmensinteresse als auch das legitime Interesse an der weltweiten Geltung von Menschenrechten etwa in Lieferketten ausbalanciert. Dazu gehört für alle Menschen in einer Gesellschaft der Zugang zu Sozialsystemen, Umwelt- und Natursystemen, Wasser, Gesundheitsdienstleistungen, Bildung und digitaler Infrastruktur. Zusätzlich sind Kontrollsysteme und Sanktionsmöglichkeiten erforderlich, um Grenzüberschreitungen festzustellen und verhindern zu können.
10. In einer globalisierten Welt gehört zum zukunftsfähigen Wirtschaften eine globale Perspektive, auch unter dem Blickwinkel „globaler Solidarität“ mit fairen Rahmenbedingungen und mit einem fairen Wettbewerb. Dabei darf nie aus dem Blick geraten, dass die verfügbaren Mittel des Staates in jedem einzelnen Land erst einmal erwirtschaftet werden müssen, weil sonst eine nachhaltige Staatsfinanzierung auf die Dauer nicht gewährleistet werden kann.
11. Menschenwürdiges und zukunftsfähiges Wirtschaften führt zu jenem neuen Bild des Wirtschaftens, wie es nicht zuletzt Papst Franziskus in Übereinstimmung mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (17 SDGs) in seinen Enzykliken Laudato Si‘ und Fratelli Tutti einfordert.
12. Zum zukunftsfähigen Wirtschaften gehört auch ein neues Bild von Unternehmerinnen und Unternehmern, wenn diese ihr eigenes unternehmerisches Handeln als „Berufung“ , als Teil der menschlichen Kultur und als Beitrag zum Gemeinwohl verstehen und entsprechend handeln.
Veröffentlicht am 24.03.2021