1. Unternehmerinnen und Unternehmer sind verantwortliche Akteure der Zivilgesellschaft und tragen entscheidend zum Gemeinwohl unserer Gesellschaft bei. Der BKU begrüßt die Renaissance des Gemeinwohlbegriffs in der öffentlichen Debatte. In Zeiten vielfältiger Krisen von der Pandemie bis zu Unterbrechungen globaler Lieferketten, von der digitalen Transformation bis zu politischen Spannungen in einer zunehmend multipolaren Welt wird klar, dass eine moderne Gesellschaft auf einen Grundkonsens im Hinblick auf das Gemeinwohl angewiesen ist, um eine hohe Lebensqualität in Frieden und Wohlstand zu gewährleisten.
2. Die Soziale Marktwirtschaft ist grundsätzlich am Gemeinwohl ausgerichtet. Der BKU versteht sie als gesellschaftliches Friedensprojekt, weil sie neben dem Prinzip des freien Wettbewerbs die Gemeinwohlorientierung in ihrem Institutionensystem fest verankert. Anders als andere Wirtschaftsordnungen weist sie den Tarifpartnern eine ordnungspolitische Mitverantwortung u.a. bei der Lohnfindung und der beruflichen Bildung zu. Sozial wird die Marktwirtschaft nicht erst, wenn der Staat wirtschaftliche Gewinne umverteilt und reinvestiert, sondern zur Sozialen Marktwirtschaft gehören vielfältige Formen der selbstbestimmten Mitwirkung und Verantwortung durch Unternehmen und Gewerkschaften im Rahmen der Sozialpartnerschaft. Darüber hinaus ist auf die Pflicht hinzuweisen, im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren betroffene Wirtschaftszweige anzuhören. Außerdem wirken Unternehmen in Verbänden und öffentlichen Kammern mit und tragen so zum Gemeinwohl bei.
3. Durch die Übernahme von Risiken und durch unternehmerische Innovation sind Unternehmen ein wichtiger Treiber von Veränderungen, die das Gemeinwohl fördern z. B. bei der Entwicklung nachhaltiger Lebens- und Wirtschaftsformen. Sie schaffen u.a. Angebote nachhaltig produzierter Lebensmittel oder Textilien, entwickeln Elektrofahrzeuge oder verpackungsfreie Güter und helfen Verbraucherinnen und Verbrauchern, ihren Wunsch zur Umstellung von Konsumgewohnheiten zu verwirklichen. Unternehmerische Kreativität trägt dazu bei, die Nachhaltigkeitsziele der deutschen und internationalen Politik zu realisieren.
4. Unternehmerinnen und Unternehmer schaffen Arbeitsplätze und Einkommen zu fairen Bedingungen – und zwar auch außerhalb der großen Wirtschaftszentren. Ein Arbeitsplatz ermöglicht die Entfaltung von Talenten, bietet Möglichkeiten zur Selbstentfaltung, schafft soziale Integration, konfrontiert mit Verschiedenheit und fördert Lebenssinn. Das gilt gerade auch dort, wo Arbeit Teilhabe schafft, u.a. für junge Menschen, Zugewanderte, Menschen mit Behinderung oder Angehörige von benachteiligten Gruppen, die aktiv in betriebliche Abläufe integriert werden.
5. Durch die Zahlung von Steuern tragen Unternehmen in vielfältiger Weise zur Erstellung von öffentlichen Gütern bei, zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, Verkehrsinfrastruktur und IT-Netzanschluss, öffentlicher Sicherheit, Kultureinrichtungen, sozial- und familienpolitischen Leistungen etc. Der BKU setzt sich für eine faire Lastenteilung zwischen allen unternehmerischen Steuerzahlern ein, auch im Blick auf eine internationale Mindestbesteuerung von Konzernen.
6. Private Unternehmen sind ein wichtiger Ort von Aus- und Weiterbildung. Das gilt im Kontext beruflicher Bildung von Auszubildenden, aber auch für dauerhaft Beschäftigte, die im Rahmen ihrer Tätigkeit neue Kompetenzen und Qualifikationen erwerben. Unternehmerpersönlichkeiten können darüber hinaus motivierend für Gründerinnen und Gründer wirken, u.a. für die Entstehung von Start-ups.
7. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen globaler Wertschöpfungsketten trägt zu interkultureller Verständigung, zur Erfahrung von Diversität und zur Überwindung von Konflikten bei. So beruht beispielsweise die deutschfranzösische Freundschaft auf den Initiativen weitsichtiger Politiker, aber auch auf der dauerhaften Zusammenarbeit deutscher und französischer Firmen im gemeinsamen Wirtschaftsraum.
8. Durch die Ausgabe von Aktien oder Anleihen, durch betriebliche Altersvorsorge und andere Maßnahmen schaffen Unternehmen Möglichkeiten zur Vermögensbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dies hat in Zeiten niedriger Zinsen eine besondere Bedeutung. Der BKU setzt sich für die Weiterentwicklung entsprechender Instrumente ein, auch mit Blick auf neue Formen zur Ermöglichung von Immobilieneigentum.
9. Erfolgreiche Unternehmen schaffen im Rahmen fairer Lieferketten Wohlstand und gesellschaftliches Kapital, weil sie Verdienst- und Geschäftsmöglichkeiten für Zulieferbetriebe, Dienstleister, freie Berufe und andere anbieten. Sie beleben dadurch das wirtschaftliche Umfeld in ihrer Region und sind Teil einer langfristigen Regionalentwicklung. Denn faire Löhne in einer Region erhöhen die allgemeine Kaufkraft, verbessern die Angebotssituation auf dem Arbeitsmarkt und schaffen Anreize für Weiterbildung und Qualifizierung auch über die unmittelbare Belegschaft eines Unternehmens hinaus.
10. Durch Werbung und Anzeigen tragen Unternehmer zur Finanzierung unabhängiger Medien und zur Herstellung einer regionalen Öffentlichkeit bei. Sie fördern die Meinungsbildung und letztlich die Pluralität in der Demokratie, brauchen aber auch klare Spielregeln zur Vermeidung von Meinungsmonopolen, unter anderem im digitalen Raum.
11. Durch Spenden, Stiftungen, Sponsoring und betriebliche Freiwilligenprojekte unterstützen Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinnützige Organisationen, Initiativen und Projekte. Sie ermöglichen soziale Innovationen, fördern Netzwerke, stärken Unternehmer in ihren Regionen und schaffen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie tragen so zum ‚Sozialen Kapital‘ einer Gesellschaft bei.
12. Die Christliche Soziallehre stellt seit ihren Anfängen die große Bedeutung gemeinwohlorientierten Unternehmertums unter dem Anspruch sozialer Gerechtigkeit heraus. Ihre Prinzipien von der Zentralstellung der Person („Personalität“), dem richtigen Ort für Verantwortung („Subsidiarität“) und der gemeinsamen Verantwortung aller in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft („Solidarität“) gehören zu den Eckpfeilern der Sozialen Marktwirtschaft. Papst Franziskus hat sie in „Laudato Sii“ durch das Prinzip der ökologischen Nachhaltigkeit ergänzt. Dem entspricht das Verständnis des Dienstes des Unternehmers und der Unternehmerin als einer „edlen Berufung“, wie sie der internationale christliche Unternehmerverband UNIAPAC mit seiner Handreichung ‚The Vocation of the Business Leader‘ zum Ziel verantwortlicher Unternehmensführung herausgearbeitet hat.
Veröffentlicht am 28. März 2022