Lebensfreude durch die Bejahung unserer Existenz - Reflexion und Veränderung als zentrales Thema der Fastenzeit – Perspektiven der Zukunft – dies sind nur einige Themen, die Domvikar Prof. Dr. Elmar Nass uns in seinem Fastenimpuls am Aschermittwoch mit auf den Weg gegeben hat.
Grundlegendes hat er ausgelöst, und was ist daraus bei mir geworden?
Annehmen statt Ausflüchte
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, dass eine vom anderen zu unterscheiden.“
Dieses bekannte Zitat des amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr ist mir Begleiter in der Fastenzeit geworden. Es leitete mich durch viele Krisengespräche, hat mich Herausforderungen angehen lassen und öffnete mir den Blick auf Chancen.
Krisen einfach annehmen? Das mögen einige, die sich derzeit in einer existentiellen Krise befinden, nicht nachvollziehen können. Ganz ehrlich: Ich habe auch nicht immer so gedacht. Eine schwierige Situation und erst recht eine wirkliche Krise erst einmal anzunehmen, sich auf sie einzulassen, das schien mir lange unmöglich. Ich habe praktisch keinen Stillstand gekannt und konnte nur schwer das Steuerrad aus der Hand geben. Schwierige Situationen habe ich oft ausgeblendet und durch Tempo kompensiert. Mein Prinzip lautete, je mehr Vollgas desto besser. Den Herausforderungen des höher weiter schneller, das alles schien kein Problem für mich. Wer mich länger kennt, weiß, wovon ich rede.
Das Gefühl ausgeliefert zu sein
Und dann habe ich es doch lernen müssen, Dinge geschehen zu lassen. Weil ich sie nicht ändern konnte. Weil ich nicht genau hingehört hatte. Der Blick in die Augen des Gegenübers, der Moment, in dem das bisherige Handeln auf der Überholspur eingebremst wird. Die Situation, in der man beginnt zu reflektieren.
Zunächst komplettes Vakuum im Denk- und Fühlapparat. Dann Widerstand: „Ich doch nicht. Das muss ein Fehler sein.“ Selbstmitleid setzt irgendwann ein. „Warum ich? Ich bin doch nicht so.“ Punkt. Keine Ausreden, kein Verdrängen.
Annehmen und Auffassen, Handeln-Wollen, Begehren und Ablehnen
Statt wertvolle Energie mit sinnlosem Grübeln zu verschwenden, ist der Wille wach geworden, mich auf meine Grundhaltung meinen Glauben zu besinnen. Ich habe angefangen, mir klar zu machen, was ich beeinflussen kann und was nicht. Ich habe meine Freunde als Mentoren und Berater begriffen und hingehört, ihre Hinweise angenommen, die ich bekommen habe. Und ich habe mir Ziele gesetzt – zurück in die Perspektive meiner grundlegenden Glaubenswerte.
Weil mir viele nahe und ferne Menschen unglaublich geholfen haben, konnte ich akzeptieren, dass es nie die perfekte Situation gibt, ebenso wenig wie das Recht darauf, dass es uns immer und zu jeder Zeit gut geht. Ich habe meine Situation angenommen und im hier und jetzt meinen Glaubenskompass wiedergefunden, der mich immer wieder einordnet, die Dinge zum Besseren zu wenden. Diese Zuversicht trägt mich bis heute.
Auferstehen im Blick
Und damit bin ich bei Ostern. Wie für das Osterfest, bei dem wir die Auferstehung nach Tod und scheinbarer Ausweglosigkeit feiern, wie Bischof Dieser im Palmsonntaggottesdienst sagte, gilt auch für die derzeitige Situation: Wir alle spüren, dass diese Krise, in der wir uns gerade befinden, etwas mit uns macht. Doch gerade aus der Angst, der gefühlten Aussichtslosigkeit, die viele Menschen derzeit umtreibt, wird etwas Neues entstehen, etwas anders als es vorher war. Davon bin ich fest überzeugt. Akzeptieren wir das Gefühl des „Ausgeliefertseins“, die laute Stille des Selbstzweifels. Verschwenden wir unsere Energien nicht mit Grübeln, sondern gehen wir in den Glaubensaustausch mit unseren Freunden, unseren Familien, und blicken wir nach vorne. Finden wir heraus, was wir persönlich ändern können und packen es gemeinsam an. Unser Leben in einer Krise verändert die Realitäten und nach der Krise wird es anders sein, eventuell auch Auferstehung. Aber Leben ist eben immer in Veränderung.
Mir hilft diese Einstellung, und ich hoffe, dass es möglichst vielen Menschen genauso geht.
Wir wünschen eine gesegnete Karwoche und ein frohes Osterfest
Foto Peter Bernecker