BKU-Abendgespräch mit Abt Dr. Nikodemus Schnabel: Die wirtschaftliche Verantwortung der Dormitio-Abtei

BKU-Abendgespräch mit Abt Dr. Nikodemus Schnabel: Die wirtschaftliche Verantwortung der Dormitio-Abtei

Beim 7. BKU-Abendgespräch am 21. August 2024 erhielten die Teilnehmer einen eindrucksvollen Einblick in die aktuelle Lage der Dormitio-Abtei in Jerusalem, die Abt Dr. Nikodemus Schnabel persönlich vertrat. Abt Nikodemus machte unmissverständlich klar, dass die Dormitio-Abtei mit ihren zwei Kloster-Kirchen in Jerusalem und Tabgha nicht nur ein religiöses Zentrum ist, sondern als Pilgerort auch eine bedeutende Rolle in der lokalen Wirtschaft spielt. Er betonte die immense unternehmerische Verantwortung, die das Kloster gegenüber den etwa 30 Familien trägt, deren ökonomisches Überleben es durch Arbeiten rund um das Pilgerangebot sichert.

In Zeiten wirtschaftlicher Not, die durch die politischen Spannungen in Israel und Palästina und den fehlenden Zustrom von Pilgern infolgedessen verschärft werden, sei die einfache Lösung der Entlassung von Mitarbeitern keine Option. Stattdessen übernimmt das Kloster Verantwortung für diese Menschen, indem es versucht zu helfen, wenn Mitarbeiter in soziale Schwierigkeiten geraten, indem es beispielsweise das Schulgeld für deren Kinder übernimmt und sicherstellt, dass die Würde ihrer Arbeit auch in Krisenzeiten gewahrt bleibt.

Diese Verantwortung geht über die bloße Versorgung hinaus; die Gemeinschaft der Dormitio-Abtei sieht sich als Versorger für die Familien ihrer Mitarbeiter, was in diesen turbulenten Zeiten von unschätzbarem Wert ist. Es wurde deutlich, dass die Mönchsgemeinschaft den schwierigen finanziellen Hürden mit einer tiefen Verpflichtung zur Fürsorge und Solidarität gegenüber ihren Mitarbeitern und deren Familien begegnet.

Fehlende Unterstützung aus Deutschland

In diesem Zusammenhang kritisierte Abt Nikodemus auch das Auswärtige Amt in Deutschland. Er bedauerte, dass das Thema "Religion" und die wichtige konstruktive Bedeutung von Religionsgemeinschaften nicht mehr die nötige Aufmerksamkeit erhalten sowie, dass das zuständige Referat aufgelöst und mit anderen Themen verschmolzen wurde. Dies führe dazu, dass wichtige Ansprechpartner fehlten, was die Arbeit und die Kommunikation der Abtei in politischen und finanziellen Belangen erheblich erschwere.

Religiöse Vielfalt im Heiligen Land

Ein weiteres wichtiges Thema, das Abt Nikodemus ansprach, ist die oft einseitige Darstellung der religiösen Landschaft im Heiligen Land. Er betonte, dass in Berichten häufig Israel mit Juden und Palästina mit Muslimen gleichgesetzt werde, während die einheimischen Christen, die sowohl Arabisch als auch Hebräisch als Mutter- und Liturgiesprache haben können, oft übersehen werden. Diese Beobachtung führte zu einer eindringlichen Forderung an die weltweite christliche Gemeinschaft, mehr Aufmerksamkeit für die christlichen Minderheiten in der Region zu zeigen.

Geistliche Veranstaltungen und Rückbesinnung

Besonders berührend war die Schilderung der Bemühungen der Klostergemeinschaft, die beiden Kloster-Kirchen der Dormitio-Abtei in Jerusalem und Tabgha trotz aller Widrigkeiten offen zu halten. Ein Beispiel dafür war die Aufführung des Oratorium "Judas Makkabäus" von Händel, bei der Hunderte von Juden, Christen und Muslimen dicht an dicht in der Dormitio-Basilika nebeneinander saßen, um im Dezember letzten Jahres – nur wenige Monate nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober – gemeinsam dieser Musik im Dezember letzten Jahres zu lauschen. Die Aufführung wurde somit, trotz widriger Umstände, zu einem sowohl kulturell als auch spirituell verbindenden Ereignis.

Ebenso erwähnte Abt Nikodemus die in den einheimischen Medien viel beachtete Ausstellung "believe" im Juli diesen Jahres. Damals stellte die Dormitio-Abtei acht einheimischen Künstlerinnen und Künstlern ihre Kirche und ihr Kloster als Ausstellungsraum zur Verfügung.

Ein sehr wichtiger spiritueller Schlüsseltag für Abt Nikodemus und seine Brüder war der 17. Oktober 2023, an dem die Mönchsgemeinschaft – nur 10 Tage nach dem 7.Oktober – zusammen mit den Studierenden des "Theologischen Studienjahrs Jerusalem" 24 Stunden in der Kirche unter dem Kreuz verharrte und alle 150 Psalmen betete – ein kraftvoller Ausdruck des Glaubens und der Rückbesinnung auf die grundlegende Frage: „Wozu sind wir als Mönche gekommen?“ Diese Rückbesinnung dient der Gemeinschaft als Haltepunkt und gibt ihnen die Kraft, demütig zu bleiben und den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen – denn, so Abt Nikodemus, „Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen, jeden Menschen!“.

Dank und Anerkennung

Abschließend drückte Abt Nikodemus seine Dankbarkeit aus, indem er die Fürsorge, aber auch die Sorgen, die die Gemeinschaft der Dormitio-Abtei bewegen, mit den Anwesenden teilte. Seine Worte hinterließen einen tiefen Eindruck und erinnerten daran, wie wichtig es ist, in einer komplexen Welt voller Herausforderungen Verantwortung zu übernehmen – für den Glauben, für die Gemeinschaft und für den Einzelnen.

Dieser Abend bot nicht nur Einblicke in die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen einer monastischen Gemeinschaft im Heiligen Land, sondern auch in die tiefe menschliche und spirituelle Verpflichtung, die Abt Nikodemus und seine Gemeinschaft leitet. In einer Region, die von anhaltenden Spannungen und wirtschaftlichen Unsicherheiten geprägt ist, bleibt das Kloster ein Leuchtturm der Standhaftigkeit und Verantwortung.

Text: Andree Brüning
Bild: Dormitio-Abtei in Jerusalem (Quelle: Deutscher Verein zum Heiligen Lande)

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