BKU auf dem Katholikentag: KI, Globalisierung, Meinungsforschung und die Diaspora

BKU auf dem Katholikentag: KI, Globalisierung, Meinungsforschung und die Diaspora

Kann Künstliche Intelligenz (KI) vom Menschen Moral lernen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des ersten Podiums des BKU und der Katholischen Militärseelsorge am 30. Mai im Kaisersaal in Erfurt. Prof. Dr. Christof Ebert, renommierter Informatiker und Unternehmer, eröffnete die Diskussion mit einem spannenden Impulsvortrag über die verstärkten Risiken, die KI für das menschliche Zusammenleben birgt. Ebert betonte, dass KI unsere eigene Moral reflektiert und ihre Entwicklung von unserem Einfluss abhängt.

Katharina Schüller, CEO von Stat-Up und Statistikerin, fragte, wie sich unser Umgang mit KI verändert und welche Auswirkungen dies auf uns als Menschen hat. Sie betonte, dass die bloße Präsenz von Daten oft als Relevanz interpretiert wird, was dazu führen kann, dass wichtige Aspekte übersehen werden. Ein eindrückliches Beispiel war der Anstieg der Anrufe in der Telefonseelsorge zum Thema Suizid während der Pandemie. Diese Daten gäben etwa eine tiefere Einsicht in die psychischen Belastungen der Menschen und müssten bei der Entwicklung von KI-Systemen berücksichtigt werden. Schüller plädierte für einen verantwortungsvollen und ganzheitlichen Umgang mit Daten, um die sozialen Auswirkungen von KI richtig zu steuern.

Prof. Dr. Patrick Sensburg, CDU-Politiker und Bundestagsabgeordneter, beleuchtete die Grenzen der KI im militärischen Bereich. Er betonte, dass KI nicht entgegen ihren eigenen Normen entscheiden könne, was in Unrechtsstaaten erhebliche Gefahren berge. Sensburg plädierte dafür, klar zu definieren, in welchen Bereichen KI-Technologien Entscheidungen treffen dürfen und wo menschliche Entscheidungsfähigkeit notwendig bleibt.

Die Diskussion wurde souverän von Arnd Henze, Journalist und Publizist, moderiert. Lioba Müller, Vorsitzende des Jungen BKU, übernahm die Rolle der „Anwältin des Publikums“ und übermittelte die Fragen der Zuhörer an die Podiumsteilnehmer. Auch Christin Schäfer, Unternehmerin und Mitglied der Datenethikkommission der Bundesregierung, und Ansgar Rieks, Generalleutnant a.D., lieferten wertvolle Diskussionsbeiträge.

Menschenwürdige Globalisierung?! Soziale Marktwirtschaft als Friedensprojekt

Die zweite Podiumsdiskussion des BKU fand am 1. Juni in der Erfurter Reglerkirche in Kooperation mit Misereor statt. Unter dem Titel "Menschenwürdige Globalisierung?! Soziale Marktwirtschaft als Friedensprojekt" wurden Themen wie Globalisierung, Nachhaltigkeit, Entwicklungshilfe und das Lieferkettengesetz diskutiert. Über 200 Zuhörer verfolgten die Diskussion.

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel, Ehrenvorsitzender des BKU, eröffnete die Diskussion mit der Frage: „Wir nutzen und brauchen Globalisierung, aber ist diese wirklich menschenwürdig oder eine Globalisierung der Ungerechtigkeit und globalen Ungleichheit?“ Zur Beantwortung nutzte er unter anderem einen Inklusivitätsindex, der wirtschaftliche, ethische, ökologische und soziale Indizes verknüpft. Hemel forderte unter anderem die Einführung guter religiöser Praxis als 18. Nachhaltigkeitsziel.

Die Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) kritisierte in ihrem Impulsvortrag die bisherige Globalisierung, die auf dem Rücken Afrikas und Asiens ausgetragen werde, und forderte fairen Handel mit ethischen Lieferketten. Sie hob den Beitrag der Kirche und ihrer Hilfswerke zur Entwicklungshilfe hervor. Die viel kritisierten „Fahrradwege in Peru“ würden sinnvolle Investitionen darstellen. Kritiker würden hier die Armen gegen die Ärmsten ausspielen. Zudem forderte sie eine globale Milliardärssteuer.

Der Hauptgeschäftsführer von Misereor, Pirmin Spiegel, stimmte Schulze in der darauffolgenden Diskussion zu und betonte: „Die Armen und die Erde zuerst.“ Spiegel forderte, lokale Ressourcen zu integrieren. „Nicht die Interessen der Wirtschaft zuerst, sondern die Interessen der Armen zuerst!“

Nadia von Oesterreich, BKU-Mitglied und Unternehmensberaterin, fragte: „Wo muss ich mich ändern, damit sich alles ändert?“ Sie betonte die Überforderung, aber auch ein neues Bewusstsein der jungen Generation: Viele wollten nicht mehr in Unternehmen arbeiten, die nicht ethisch handeln.

Das Podium wurde versiert moderiert von Dr. Bernd Villhauer, Geschäftsführer des Weltethos-Instituts. Dr. Sabine Schößler, Geschäftsführerin der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, und Marco Fetke, Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim BKU, stellten als „Anwälte des Publikums“ die Fragen der Zuhörer an die Podiumsteilnehmer.

Fetke fragte etwa nach dem Widerspruch zwischen ressourcenintensiver Digitalisierung und Nachhaltigkeit sowie den bürokratischen Belastungen des Lieferkettengesetzes für den Mittelstand. Unter den Belastungen des Lieferkettengesetzes könnten sich Unternehmen in Standorte ohne Nachweispflichten zurückziehen.

Schulze hielt die Belastungen hingegen für „zumutbar“ und betonte die Unterstützung für die Unternehmen. Spiegel sah zudem ohnehin nur einen geringen Bruchteil europäischer Unternehmen vom Lieferkettengesetz betroffen.
Schößler fragte pointiert nach dem Nachhaltigkeitsziel Religion sowie dem Beitrag der Kirche zur Entwicklungsarbeit und beleuchtete den Widerspruch zwischen Aufrüstung und Entwicklungshilfe.

Am 31. Mai fand der Empfang des BKU in den Räumlichkeiten von INSA-CONSULERE statt. Knapp 80 Gäste, darunter prominente Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kirche, nahmen teil. Dr. Martin Nebeling, Vorsitzender des BKU, eröffnete den Empfang mit einem Grußwort und betonte den prägenden Einfluss der Katholischen Soziallehre und der Sozialen Marktwirtschaft auf das Grundgesetz.

BKU-Empfang bei INSA-CONSULERE mit Ministerpräsident Reiner Haseloff

Er unterstrich die historische Rolle des BKU, der durch den sogenannten Schreiber-Plan – die Blaupause unseres Rentensystems – entscheidend zur Gestaltung der Nachkriegsordnung beitrug. Nebeling skizzierte die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands, wie die sich verschlechternden Standortbedingungen und die nicht mehr funktionierende Sozialpartnerschaft. Er würdigte auch den Einsatz des BKU-Mitglieds Thomas Nünning und seiner Mitstreiter für eine stärkere Verankerung der Sozialen Marktwirtschaft im CDU-Grundsatzprogramm.

Hermann Binkert, Geschäftsführer von INSA-CONSULERE und Vize-Vorsitzender der BKU-Diözesangruppe Erfurt, führte die Zuhörer in die reiche Geschichte des von ihm gegründeten Sozial- und Marktforschungsinstituts ein. Binkert reflektierte über die Rolle der Meinungsforschung in der Demokratie und betonte die Bedeutung präziser Fragestellungen. „Meinungsforscher müssen aufpassen, dass alle dasselbe unter einer Frage verstehen“, betonte Binkert. Die Kunst sei es jedoch nicht nur, allgemeinverständlich zu fragen, sondern auch die richtigen Fragen zu stellen. Seit 15 Jahren vertrete INSA den „Anspruch, die Wirklichkeit zu spiegeln, wie sie ist“. Mit Blick auf kritische Reaktionen auf INSA-Umfragen formulierte Binkert scherzhaft: „Man sieht auch nicht besser aus, wenn man sich nicht vor den Spiegel stellt.“ Gleichzeitig erklärte er, dass INSA mit Umfragen vor allem die „gefühlte Wahrheit“ zu illustrieren versuche, die nicht immer mit der statistischen übereinstimmen müsse. Davon ausgehend appellierte Binkert unter Berufung auf einen Ausspruch Bismarcks an eine faire politische Auseinandersetzung ohne jähe Zweifel am guten Willen oder Verstand des Gegenübers. Den Inhalt des BKU beschrieb Binkert mithilfe eines Zitats des Sozialphilosophen Wilhelm Röpke: „Das Maß der Wirtschaft ist der Mensch, das Maß des Menschen ist sein Verhältnis zu Gott.“

Den zweiten Teil des Empfangs prägte die Rede von Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Haseloff beleuchtete dabei mit Blick auf die Wiedervereinigung erfüllte Hoffnungen – wie den Einzug der Sozialen Marktwirtschaft in den neuen Bundesländern – sowie enttäuschte Hoffnungen, etwa die auf eine Rückkehr zu einer christlichen Gesellschaft nach dem Ende des DDR-Staatsatheismus. Die Forderungen des Staatsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde („Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“) nach einer Struktur, die das Grundgesetz als „Wertegenerator“ mit dem christlichen Menschenbild ausfüllen soll, seien nicht erfüllt worden. Haseloff äußerte Zweifel an der Fähigkeit der säkularisierten Bundesrepublik, ihre Bürger hinreichend über die Inhalte des Grundgesetzes aufzuklären. Der erste Katholik unter den in Sachsen-Anhalt geborenen Ministerpräsidenten des Landes zeigte sich dankbar für die Einflüsse der katholischen Soziallehre auf die ostdeutsche Wirtschaft, die in Sachsen-Anhalt nicht zuletzt auf das Erzbistum Paderborn zurückgingen. Haseloff betonte, dass die katholische Kirche mit der Sozialen Marktwirtschaft erfolgreich eine Alternative zur sozialistischen Planwirtschaft postulieren und Orientierung in der Transformation stiften konnte. Gleichzeitig hob er hervor, dass das christliche Menschenbild in der Gesellschaft aufrechterhalten werden müsse. Unsere Gesellschaft sei für Experimente wie im Sozialismus, aber auch zunehmend unter der aktuellen Bundesregierung, nicht geeignet und polarisiere sich dadurch nur.
Für das wachsende Unverständnis innerhalb der Bevölkerung bezüglich der Politik der Ampelregierung zeigte Haseloff Verständnis. Unternehmer bezeichnete er als „Salz und Sauerteig“ der Gesellschaft und infolge ihrer Steuerabgaben als „staatstragend“. Auch die Arbeit des BKU würdigte der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident und gratulierte dem Verband zu seinem 75-jährigen Bestehen. Er sei „froh, dass wir diese Struktur seit der Wiedervereinigung bei uns haben.“

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