Am 11. Dezember 2019 ging das BKU-Jahr in Berlin mit einem weiteren Höhepunkt zu Ende. Das jährlich gemeinsam mit der „Konrad-Adenauer-Stiftung“ in deren Akademie ausgerichtete „BERLINER FORUM“ wurde dieses Mal gemeinsam mit der „Stiftung für Familienwerte“ durchgeführt und stand unter dem Thema: „Das nachhaltige Fundament von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft stärken – die Familie ist die entscheidende Keimzelle“.
Ein Mitschnitt der Veranstaltung steht hier zur Verfügung:
Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, einer breiteren Öffentlichkeit die für Freiheit und Wohlstand grundsätzlich wichtigen Fragen erneut bewusst zu machen und sie mit führenden Politikern und Experten zu diskutieren. Nach der CDU-Vorsitzenden Annegret-Kramp-Karrenbauer und dem Vorsitzenden der CDU-Mittelstandsvereinigung Carsten Linnemann, MdB in 2018 war es in diesem Jahr der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus MdB, der den ca. 200 Gästen den eröffnenden Impuls gab. Es gehe dem Land so gut wie nie zuvor, doch fehle es offensichtlich an Sinnstiftung und Werten, weshalb es viel Unzufriedenheit gebe, konstatierte Brinkhaus. Wenn es um diese Werte gehe, wolle er aber nicht über Würde und Solidarität, sondern über Eigenverantwortung und Subsidiarität sprechen, für die insbesondere die Familie - nicht etwa die Schule oder die Gesellschaft - der Hauptgarant sei. Familie sei der Ort, wo Verantwortung gelebt und vorgelebt werde. Begriff und Inhalt von Familie dürften dabei allerdings nicht beliebig verwendet oder definiert werden.
In der anschließenden spannenden Panel-Diskussion, die von dem BKU-Diözesanvorsitzenden Richard Schütze moderiert wurde, diskutierten die bekannte Journalistin und Vorsitzende von Frau 2000 plus, Birgit Kelle, Dr. Hans-Joachim Maaz, Psychiater und Autor und Daniel Schily, Voith Group und CEO von Democracy International, diskutierten mit der CDU-Familienpolitikerin Bettina Wiesmann MdB.
Dr. Maaz betonte die große Bedeutung der Qualität von Bindungen in den erste 36 Monaten des Lebens für die psychische Gesundheit und Stabilität des Menschen. Wenn inzwischen viele Pathologien (u.a. Hass, Hetze) als nahezu normal eingestuft würden, dann liege dies an ihrer hohen Prävalenz. Maaz forderte ein allgemeines Elterngeld bis zum 3. Lebensjahr und eine Elternbildung, damit Eltern ihrer Aufgabe gewachsen sein können. Der Unternehmer Schily betonte die Bedeutung, die auch das jüdisch-christliche Menschenbild für die Individualisierung und lockere Familienverbände habe. Nicht alles sei bei dieser Entwicklung notwendigerweise negativ. Besondere Bedeutung für eine demokratische Gesellschaft habe das elterliche Vorbild, das einerseits Grenzen setzen, andererseits Engagement für das Gemeinwohl hervorbringen müsse. Die Publizistin Kelle vertrat die These, Deutschland werde nicht regiert, sondern betreut. In der Familienpolitik gebe es eine große Diskrepanz zwischen Worten und Taten. Entscheidend sei die Definition von Familie und die Umsetzung familienpolitischer Maßnahmen. Wenn alle Verbindungen, bei denen Menschen füreinander dauerhaft Verantwortung übernähmen, als Ehe und Familie definiert würden, dann verliere die in Art 6 GG normierte besondere Familienförderung ihre Bedeutung und könne gar nicht mehr vernünftig vollzogen werden. Subsidiarität werde dann eine leere Hülse. Als Beispiel erwähnte sie die Tatsache, dass Familien zwar kostenlose Kitaplätze in Anspruch nehmen könnten, was einer Förderung von 1.200 Euro im Monat entspreche, jedoch bei Nicht-Inanspruchnahme keinerlei Förderung erhielten. Es sei dringend notwendig, zu den Rechtsprinzipien, wie diese in Art 6 GG normiert seien, zurückkehren.
Die Abgeordnete Wiesmann trat dafür ein, Familie heute nicht mehr zu eng zu definieren, sondern diese bürgerliche Institution für alle Sachverhalte zu öffnen und zu fördern, wo Menschen sich zueinander bekennen. Ihr falle kein Argument gegen die Ehe für alle ein. Sie sei aber entschieden gegen Leihmutterschaft und ein Adoptionsrecht für Homosexuelle. Allerdings müsse man der Realität Rechnung tragen. Sie sprach sich für Wahlfreiheit zwischen Elternzeit, Elterngeld und sonstigen Leistungen aus. Erwerbsarbeit sei aber kein Fetisch. Auch sei eine Existenzsicherung durch den Staat nicht gut, weshalb es mit der CDU keine Einführung einer Kindergrundsicherung geben werde.
In der nachfolgenden Diskussion widersprachen viele Redner aus dem Publikum den weitgefassten Familien-Definitionen der Politiker. Insbesondere in der Erweiterung des Ehe- und Familienbegriffes wurde die Gefahr einer Beliebigkeit gesehen. Auch die ungleiche Förderung der „erweiterten“ Familienformen wurde als diskriminierend empfunden.
Die interessante und kontroverse Diskussion hat der BKU-Diözesanvorsitzende Richard Schütze in seinem Schlusswort zusammengefasst. Schütze wies darauf hin, dass die Familie nicht nur die Keimzelle aller gesellschaftlichen Strukturen sei, sondern für jeden Menschen auch ein bergender Schutzring. Wer die Familie angreife oder gar auflösen wolle, der attackiere die menschliche Person in ihrem privaten Schutzbereich. Die Familie habe die Aufgabe, ihre Mitglieder in allen ihren Fähigkeiten, Talenten und Begabungen zu fördern. Mehr und umfassender als in jeder anderen gesellschaftlichen Vereinigung sei die menschliche Person in der Familie mit all‘ ihren Bedürfnissen und Interessen in der Familie beheimatet. Der Staat sei nicht nur der Notar der Gesellschaft, der dann auch beliebig Werte umdefinieren können, sondern müsse auch seiner wertepflegenden und kulturgestaltenden Orientierungsfunktion nachkommen.
Bei dem anschließenden Empfang diskutierten die Referenten und Teilnehmer noch bis spät in den Abend über vielen Anregungen und Aspekte von Familie als Grundlage von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft.
Bericht: Jan-Philipp Görtz | Fotos: Norman Gebauer